Monatsrückblick Februar 2022 Teil 1 – Aspirantentour und weiter geht es in der Höhlenführer:in Ausbildung

Auf dem Weg zum Höhleneingang blickt Petra in die Kamera

Mein Februar 2022 war vor allem höhlengeprägt. Warum dem so war halte ich hier im Teil 1 fest. Was daneben auch noch passiert ist erfährst du in meinem Februar Rückblick (Rübli) Teil 2.

Aspirantentour ins Hölloch – gut geplant ist halb gefunden

Den Anfang vom Februar habe ich vor allem dazu genutzt, Informationen über die Höhlengänge vom Hölloch zusammen zu tragen. Möglichst viele davon wollte ich haben bevor ich mich mit meinen 3 Kollegen zu einer Aspiranten-Höhlentour tief ins Hölloch im Kanton Schwyz wagte. Es gibt nämlich noch eine Höhle namens Hölloch im Süddeutschen Raum, über diese hat gerade erst ein TV-Sender berichtet.

Wir hatten für unsere Ausbildung zum:r Dipl. Höhlenführer:in den Auftrag erhalten eine vorgegebene Tour zu planen und vorbereiten. Als Beweis, dass wir gewisse Orte erreicht hatten sollten wir mit Fotos von vier speziellen Punkten / Sehenswürdigkeiten zurück kehren.

Wir gingen an das ganze mit einer gehörigen Portion Respekt heran. Eine gute Vorbereitung ist wichtig wenn man in (für uns) unbekannte Gebiete vorstösst. Da helfen Gebietsnamen wie Einsamkeit oder Surpise auch nicht wirklich. 😅 Dafür haben uns die gesammelten Tipps, aus vielen gestellten Fragen an zwei erfahrene Höllochkenner, gut geholfen. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle nochmals an Hans Moor und Gregor Bättig für eure Zeit und die wertvollen Inputs.

Karte vom Höllochhöhlensystem
Karte vom Höllochhöhlensystem

15 Stunden Höhlen – Tour zum Westminster, roten Zauberer, Pas d’Echelle und Himmelsbiwak

Am Tag der Tour hiess es gut gestärkt zu starten. Für mich bedeutete das: ein feiner vitaminreicher Frucht-Powerdrink und einen Teller warmen Porrige mit frischen Früchten und dann los.

Treffpunkt mit meinen 3 Kollegen war die offene Stube vom Restaurant Hölloch. Wegen dem C-Thema durften Restaurants nur offen haben wenn die Besucher geprüft und zertifiziert waren. So war aus dem Restaurant eine offene Stube geworden, wo sich jeder aufhalten durfte. Egal ob geimpft oder nicht. Die Getränke konnte man selber aus dem Schrank nehmen und einen Unkostenbeitrag in den Topf werfen. Wir waren sehr froh über diese Möglichkeit und ich bewundere und danke dem Besitzer für seinen Mut und Einsatz für Menschlichkeit. Ich weiss es hat ihn viel gekostet (Umsatzeinbussen, Umtriebe und Nerven im Umgang mit den Behörden).

Dann hiess es: Umziehen und Abmarsch. Der Einstieg in die Hölloch Höhle war um 08:40. Zuerst galt es Wegstrecke abzuspulen. Bis zum Styxbuch (Höhlenbuch wo man sich einträgt) kannten wir den Weg. Wir wussten nämlich, dass in der zweiten Hälfte des Tages die eigentlichen und grossen Herausforderungen auf uns warteten. Dennoch genossen wir eine erste Kaffeepause im Biwak 1. Das war bereits nach der Styx-Seeüberquerung, die per Boot zu bewältigen war.

Kaffeepause im Biwak 1
Kaffeepause im Biwak 1

So eine Bootsfahrt ist schön und eine zweite noch viel schöner!

2 Höhlenbefahrer im Schlauchboot
ein knallrotes Gummiboot…🎶

Weiter ging es durch die Höhlengänge Richtung Biwak 2. Es folgte eine weitere Seeüberquerung per Boot beim Burkhaltersee. Weiter hinten erkundeten wir schon mal, wo das Bodenloch sein könnte. Dieses Bodenloch, die Nasenlöcher oder das Wandloch sollten uns in eine obere Etage des Höllochsystem führen. Wir fanden das Bodenloch oder besser gesagt einen Gang der, wie sich später herausstellte, der falsche war (Jegerstollen).

Kurz gesagt, der falsch gegangene Gang, die Rückkehr und Suche nach dem Bodenloch kostete uns 2 Stunden Zeit. Nicht dass wir das Bodenloch dann gefunden hätten. Wir wissen bis heute noch nicht, ob das andere Loch, das wir im Boden gefunden und erkundet haben (und dessen Ende in Kies und Lehm endete) DAS Bodenloch gewesen wäre. Denn in aktiven Höhlen kann es immer wieder nach Wassereinbrüchen zu Veränderungen kommen. So mussten wir auf eine der zwei übrig gebliebenen Alternativen ausweichen. Die Alternativen hiessen Nasenlöcher oder Wandloch.

Langsam wurden wir etwas unruhig. Wir prüften die beiden Alternativen (die uns im Vorfeld weniger empfohlen wurden) und entschieden uns nach einigem hin und her, für das Wandloch. Die Nasenlöcher, die oben in der Höhlendecke lagen, schienen uns ganz schlecht oder nur mit waghalsiger Kletterei erreichbar.

Zeitfaktor ist Druckfaktor

Wir hatten mit dem Irrweg und der Suche nach dem richtigen Loch viel Zeit verloren. Uns allen war bewusst, dass uns diese Reservezeit hinten raus fehlen könnte. Geht man nämlich in eine Höhle, legt man bei einer Person, die weiss wo man hingeht, eine Alarmzeit fest. Das hatten wir natürlich auch gemacht und wollten unbedingt vor dieser Zeit (02:00Uhr) draussen sein. Sonst hätte diese Person eine ganze Maschinerie an Rettungskolonnen aufbieten müssen. Das galt es auf jeden Fall zu vermeiden.

Die Gänge werden kleiner und wilder – klettern und kriechen ist angesagt

Ab dem Wandloch hiess es definitiv mit Kompass und Karte in die sogenannte Einsamkeit klettern und kriechen. Es blieb also spannend und der körperlich und mental anstrengendere Teil hatte begonnen.

schmaler Höhlengang mit Schlamm und kleinen Versintherungen
schmaler Höhlengang mit Schlamm und kleinen Versinterungen

Eins will ich hier sagen, ohne meine Kameraden Ruedi, Thomas und Roland wäre ich nicht so weit gekommen. Roland war super mit Kompass und Karte und zusammen im Teamwork meisterten wir jede noch so knifflige Stelle. Das bedeutete kriechen, klettern, an jeder neuen Verzweigung (davon gab es etliche) Karte konsultieren und Richtung mit Kompass kontrollieren und einander an exponierten Stellen sichern und helfen.

Wir wurden dafür auch mit Sehenswürdigkeiten belohnt welche sich in wunderschönen Formen und Kompositionen von Sinterbildung zeigten. Sinterbildungen sind zum Beispiel Stalaktiten (hängende Tropfsteine), Stalagmiten (am Boden stehende Tropfsteine), Stalgnate (Tropfsteinsäule die von oben und untern schliesslich zusammen gewachsen ist), Sinterfahnen (sehen wie Fahnen aus) oder Sinterröhrchen (hängen als dünne Röhrchen von der Decke) welche wir liebevoll Spaghetti nennen.

Sinterfahnen, Sinterröhrchen, Stalaktiten und Stalakmiten
Sinterfahnen, Sinterröhrchen, Stalaktiten und Stalagmiten

Trotz Zeitdruck wollten wir es uns nicht nehmen lassen, neben dem Westminster, auch den Medusendom zu besuchen. Der Name verriet uns, dass es ein hoher Raum sein sollte, ein Dom eben. Wir fanden ihn und er war eindrücklich 😍. Überhaupt haben die meisten Namen in den Höhlen entweder mit den Entdeckern zu tun oder mit der Örtlichkeit wie diese ausschaut.

Medusendom Versinterung
Medusendom Versinterung

Weiter ging es und es hiess den roten Zauberer finden. Das war, neben dem Westminster, Pas d’Echelle und dem Himmelsbiwak der vierte Prüfungspunkt. Wir mussten mit Fotos belegen, dass wir sie gefunden hatten.

Stalakmit "der rote Zauberer"
Stalakmit „der rote Zauberer“

Wir wurden noch einige Stunden gefordert mit klettern und kriechen. Dazu immer wieder mit Karte und Kompass prüfen, dass wir uns in die korrekte Richtung bewegten.

Drahtleiter in der Höhle
Drahtleiter beim Punkt Pas d’Echelle

Himmelsbiwak erreicht!

Ein grosser Erleichterungsaufschrei kam aus mir raus, als ich als erste die steile Felswand hinaufkletterte, mich über die Kante hievte und das Himmelsbiwak erblickte! Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass mich ein Anblick von dreckigen Bänken und einem Tisch so zu erfreuen vermochte. Es ging bestimmt nicht nur mir so. Denn dieses Biwak wird liebevoll „Hibi“ genannt.

Nach einer wohlverdienten kurzen Pause brachen wir wieder auf. Es galt ja immer noch vor der Alarmzeit draussen zu sein. Die Stimmung unter uns war nun schon fast euphorisch, denn von hier kannten wir den Weg. Ok, unsere Körper zeigten schon, dass wir bereits über 12h unterwegs waren. Und es lagen auch noch gute drei Stunden Wegzeit vor uns.

SSS-Camp, auch neues Dombiwak genannt – Schuld war das Hochwasser

Eine nächste kurze Pause gönnten wir uns beim SSS-Camp. SSS steht für Societé Speleo Swiss. Die Höhlenforschertruppe aus der französischen Schweiz hatte hier vor ca. 70 Jahren ihr Forschungslager.

Blick von der Küchenecke zum Schlafplatz hoch im Höhlenbiwak
Blick zum Schlafsaal des Societé Speleo Suisse (SSS) Biwak

Inzwischen ist es unser neues Dombiwak. Das frühere Dombiwak, welches etliche Höhlenmeter weiter unten lag, wurde bei dem massiven Hochwasser von 2005 weggespült. Dieses Hochwasser war so krass, dass sich Teile aus dem alten Dombiwak über Kilometer in andere Höhlengänge, teils noch viel höher gelegene, verirrten.

Man sagt das Wasser sei auch aus dem Grund so hoch gestiegen, weil die von Menschen errichtete Windschleuse nahe dem Ausgang der Höhle, zu viel Wasser zurück gestaut hatte. Diese Windschleuse ist dennoch eine sehr praktische Installation, denn es verhindert den natürlichen starken Luftzug. Der Luftzug ist eine thermische natürliche Sache. Kalte Luft sinkt und warme Luft steigt. In der Höhle herrscht das ganze Jahr eine konstante Temperatur von 6°. Das heisst wenn es im Winter im Tal wo der Eingang 1 ist, kälter ist als auf dem Berg, zieht es von unten nach oben.  Und im Sommer ist das andersrum. Jedenfalls ist jeder im Biwak froh wenn die Windschleuse zu ist, denn sonst zieht es unangenehm.

Liebe drei Sandhalden – wir kommen!

Gestärkt und frohen Mutes hiess es noch die letzten Kilometer unter unsere Füsse zu nehmen. Seit dem Start unserer Tour hatten wir einen laufenden Witz: die drei Sandhalden. Schliesslich wusste jeder von uns Vieren, dass zum krönenden Abschluss dieser Tour, drei Sandhalden auf ihr Bezwingen durch unsere müden und strapazierten Körper warten würde. So waren die Worte: und nicht vergessen unseren lieben drei Sandhalden warten noch – ein Muntermachern im ironischen Sinn und der Witz der Tour.

Du kannst dir bestimmt gut vorstellen wie anstrengend es ist, eine Sandhalde hoch zu gehen? Auf Sand einen Hügel hochwandern wo jeder Tritt unter deinem Fuss wegbröselt? Auf jeden Fall ist es viel anstrengender als gehen auf solidem Grund. Aber auch das haben wir geschafft. 🦵🏼💪🏼

Draussen zur Geisterstunde 👻 aber ohne Alarm und Schlumi 🍻

Glücklich und auch ziemlich stolz, erreichten wir den Eingang 1 zur Geisterstunde. Unsere Mission war somit fast erfüllt. Jetzt musste dringend noch die Alarm – Person informiert werden, dass wir draussen waren.

Leider hatte die offene Stube, als wir uns endlich aus den schlammigen Höhlenkombis geschält hatten, bereits geschlossen. Somit mussten wir wohl oder übel auf den Schlummertrunk (Schlumi) verzichten und gleich nach Hause fahren. Vielleicht war das auch besser so, als zu warten, bis die ganze Müdigkeit aus 15 Stunden-Tour uns einholen würde. So verabschiedeten wir uns in der Kälte auf dem Parklatz vor dem Hölloch – bevor es ans winterliche „Autoscheibenfreikratzen“ ging.

One last thing – eine letzte Aufgabe und ein Video

Meine letzte Aufgabe war, den Höhlenschlüssel im Safe deponieren und uns vom Höhlenbüchlein auszutragen. Unvergesslich und schön war es! – Danke liebe Höhlenfamilie.

Ein kleines tolles Video von unserer Tour hat mein Kollege Ruedi kreiert und auf youTube gestellt. Für uns eine super Erinnerung an diesen intensiven Tag. Schau es dir doch an, es lohnt sich.


Höhlenführer:in Ausbildungswochenende mit Technik- und Psychologieteil

Kurz vor Mitte des Monats war unser Ausbildungswochenende Februar. Mein Fazit vorweg: SUPER SPANNEND!

Technik – der Groschen ist gefallen ☺️

Die Instruktoren Kay Brown und David Kessler haben uns zu den Ausrüstungsgegenständen, Sicherheitsstandards, Knotentechniken und Flaschenzugsystemen auf Vordermann getrimmt. Beide Berufsinstruktoren haben mir ihren langjährigen Erfahrungen am und im Fels (Höhle 😉) voll überzeugt.

Was noch viel besser war: sie haben uns von der Theorie und Praxis im Schulraum dann zur Anwendung in der Höhle geführt.

Petra im Theorieraum - Thema Technik
Im Theorieraum am Wissen ausbauen.

Dort haben wir das gelernte weiter praktisch umgesetzt und Flaschenzüge gebaut.

Flaschenzugeinrichtung in der Höhle
Praxis: Flaschenzug in der Höhle am Übungsfelsen

Das war aber noch nicht genug und wir bekamen eine anspruchsvolle Rettungsübung -Aufgabe.

Der „Verletzte“ sollte über geschätzte 110 Höhenmeter auf der Rettungsbarre in die Höhe gezogen, geschoben und geführt werden. Weil die Höhle dort keinen senkrechten Schacht sondern eine Schräge mit Kurven vorwies, bedeutete das: etliche Umlenkstellen und einige Flaschenzüge einrichten. Eine weitere Herausforderung war die Kommunikation und auch wie Kommandos weiter gegeben werden. Alles auch mit Bedacht und Rücksicht auf den Zustand des „Verletzten“.

Übung mit echter Person in der Rettungsbarre in der Höhle
Übung mit echter, jedoch unverletzter Person in der Höhle

Da wird einem wirklich bewusst, wie wichtig es ist, die Höhlenbegeher zu sensibilisieren und keine Risiken einzugehen. Fehl-Tritte und Verletzungen wechseln in der Höhle schnell von Bagatellen zu seriösen Problemen. Der Rettungshubschrauber kann auch frühestens ab dem Höhleneingang helfen. Der Aufwand bei einer Rettung ist immens. Erstens an Zeit und zweitens an Personal. Dazu der konstante Kältefaktor (Temperatur im Hölloch bei 6°) was zu Unterkühlungen und schlimmstenfalls zum Tod führen kann.

Psychologie in der Führungsarbeit

Sehr lehrreich war auch, was wir zum Thema Psychologie im Bezug auf unsere Führer:inarbeit lernten. Oft geht es mit Gästen um die Themen Ängste und Vertrauen. Auch Unsicherheit oder Überforderung sind Faktoren, die im Zusammenhang mit einer Höhlenbegehung  schnell zu Spannungen oder einem Unwohlsein führen können.

Es gibt immer mehr Menschen die sich körperlich übernehmen und daraufhin auch psychologisch an ihre Grenzen stossen.

Als gute:r Höhlenführer:in wollen wir unsere Gäste natürlich in allen Bereichen gut und korrekt begleiten können. Da hilft uns neben Empatie auch das Wissen über die verschiedenen Menschentypen und Techniken. Manch einer will auf seine Weise abgeholt oder gesehen werden.

Für mich sind viele dieser Themen nicht neu. Allerdings spielt der Faktor Höhle und die oft damit verbunden (Ur-) Ängste wesentliche und zusätzliche Rollen. Da bin ich sehr froh, diesen zusätzlichen Wissensfundus aufbauen und Menschen dadurch optimal führen zu können.

Was sonst noch so los war im Februar 2022:

Teil 2 findest du unter diesem Link, wenn er dann geschrieben ist 😉.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert